20.06.2024

Landrat besuchte mit Delegation zwei Betriebe

Foto: Enzkreis, J. Enke
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Foto: Enzkreis, J. Enke

„Aus erster Hand erfahren, vor welchen Herausforderungen die Wirtschaft aktuell steht“

Wo die hiesige Wirtschaft der Schuh drückt, möchte Landrat Bastian Rosenau genauer wissen - er besucht deshalb regelmäßig Betriebe im Enzkreis. In diesem Monat führte ihn dieses Interesse nach Remchingen-Nöttingen, wo auf den Kreischef und die anderen Mitglieder der Delegation – die Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Nagold-Pforzheim, Martina Lehmann, Remchingens Bürgermeisterin Julia Wieland und den Wirtschaftsförderer des Enzkreises, Jochen Enke – beim Besuch des Biolandhofs Gay sowie der Firma Mende Werkzeugschleiftechnik ein wahres Kontrastprogramm wartete.

Seit über 30 Jahren bewirtschaftet die Familie Gay, die seinerzeit als eine der ersten in der Region ihren Hof auf Biolandbetrieb umgestellt hat, rund 42 Hektar Acker- und Grünland und aktuell 34 Rinder in Mutterkuhhaltung. Dazu kommen mittlerweile 600 Hühner in mobilen Ställen und Freilandhaltung sowie eine Ziegen- und Schafherde, die unter anderem den Wilferdinger Solarpark und die Steillagen der Dietlinger Weinberge abgrasen.

Aktuell treibt die Familie auch den Hirse-Anbau voran: „Als Reaktion auf die zunehmend trockenen Anbaubedingungen durch den Klimawandel, als Erweiterung der teils engen Fruchtfolgen und zur Produktion eines neuen und gleichzeitig doch sehr alten regionalen Powerfoods haben wir uns diesem von der Bio-Musterregion Enzkreis begleiteten Projekt angeschlossen“, berichtete Birgit Gay. Eine aus China importierte Reisschäl-Maschine sei sogar eigens umgebaut worden, um die Hirse auch als geschältes Produkt anbieten zu können.

Das Getreide wie Weizen, Roggen, Hafer, Einkorn, Emmer, Dinkel, Braunhirse sowie Lein für hochwertiges Öl werden direkt auf dem Hof gereinigt, aufbereitet und nebenan im Hofladen direkt vermarktet, genauso wie eigene Kartoffeln, Eier und Fleisch sowie weitere Bio-Produkte. „Die Nahversorgung mit qualitativ hochwertigen Produkten direkt vor unserer Haustür ist ein wichtiger ökologischer und ökonomischer Faktor für unseren Landkreis“, betonte Rosenau, der sich erfreut zeigte, dass mit dem Gay-Sohn Philipp auch bereits ein Nachfolger für den Hof aktiv ist.

Wie schwer man sich dennoch in der Landwirtschaft tut, zeigte die Abwesenheit von Martin Gay während des Besuchs des Landrats und seiner Begleiter, zu denen bei dieser Station auch die Leiterin des Enzkreis-Landwirtschaftsamtes, Corinna Benkel, und die Regionalmanagerin der Bio-Musterregion Enzkreis, Ursula Waters, gehörten: Martin Gay verdient als Angestellter noch ein Zubrot für die Familie, weil nach Worten seiner Frau Birgit das, was der Hof im Nebenerwerbsbetrieb abwirft, nicht ausreicht, um über die Runden zu kommen.

Einen ganz anderen Blick auf die heimische Wirtschaft bekamen die Mitglieder der Delegation beim anschließenden Besuch der Firma Mende Werkzeugschleiftechnik, die 1991 ganz klassisch in der Garage entstanden ist. „Damals war der Arbeitsmarkt eng und ich habe mich dann einfach selbständig gemacht“, erzählte Inhaber Oliver Mende. „Im Jahr 2008, in der damaligen Wirtschaftsflaute, haben wir uns zum Glück dann entschlossen, auch Holzwerkzeuge zu schleifen. Damit konnte das Unternehmen weiter wachsen und sich zu einem wichtigen, hochmodern arbeitenden Partner für Industrie, Handwerk und Handel entwickeln.“ Stetige Investitionen in CNC-Schleiftechnik, 3-D-Programmierung, Beschriftungs- und Messtechnik hätten das Unternehmen, das 2021 in eine neue Produktionshalle umzog, noch flexibler, schneller und genauer gemacht.

„Ich finde es außerdem sehr erfreulich, dass Ihr Auszubildender im Betrieb eine feste Anstellung gefunden hat und nun mit seiner gesammelten Erfahrung ein wichtiger Bestandteil der Firma geworden ist“, so Martina Lehmann, die Oliver Mende noch auf weitere Leistungen der Agentur für Arbeit im Bereich der Fachkräftegewinnung aufmerksam machte. Aktuell bereitet dem Firmeninhaber jedoch die allgemein schwache Konjunktur Sorgen, genauso wie die Energiepreissteigerungen und die Bürokratie, die nach seinen Worten für kleine mittelständische Betriebe einen enormen Mehraufwand bedeutet.

Landrat Rosenau bedankte sich abschließend für das offene Gespräch: „Für uns sind diese persönlichen Begegnungen enorm wichtig. Nur so erfahren wir aus erster Hand, vor welchen Herausforderungen hiesige Betriebe aktuell stehen. Und nur so lassen sich konkrete Verbesserungspotentiale und Unterstützungsmöglichkeiten erkennen.“ (enz)

GaySprachen auf dem Biolandhof Gay über Bioproduktion und Tierhaltung: (v. li. n. re.) die Leiterin des Landwirtschaftsamtes Corinna Benkel, Landrat Bastian Rosenau, Birgit Gay, Bürgermeisterin Julia Wieland, die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit, Martina Lehmann, Philipp und Elisabeth Gay, die Regionalmanagerin der Biomusterregion Enzkreis Ursula Waters und Wirtschaftsförderer Jochen Enke (enz)Foto: Enzkreis, J. Enke